Lembacher Bauernkriegsgedenktage

Geschichtlicher Rückblick auf die Bauernerhebung (Bgm. Kumpfmüller)

Liebe Lembacherinnen und Lembacher! Sehr geehrte Gäste aus den umliegenden Gemeinden!

Jeder von uns weiß es: Alles hat seine eigene Geschichte: jeder Mensch, jedes Haus, jeder Ort und jede Region. Diese individuelle Geschichte unterscheidet vieles von einander. Die Geschichte kann man kennen oder auch nicht, man kann sie verdrängen oder zumindest zur Kenntnis nehmen, manchmal auch stolz sein darauf. Oft macht Geschichte zu Recht auch nachdenklich. Auf jeden Fall können wir aus der Geschichte immer wieder lernen – vorausgesetzt, dass wir daraus lernen wollen!
Auch Lembach und wir als seine Bewohner haben unsere eigene Geschichte, welche uns mit anderen Orten, Gemeinden und Regionen in manchem verbindet oder von diesen auch unterscheidet. Aus all den vielen geschichtlichen Ereignissen in Lembach ragt eines ganz besonders heraus:

Bei uns hier hat vor 375 Jahren der große OÖ. Bauernkrieg begonnen – allerdings eher zufällig bei uns, als geplant.
Aber dieses bedeutsame Ereignis ist kein Geschichtskapitel unserer Gemeinde allein, nicht eines nur unserer Region, sondern eines des gesamten Landes OÖ., welches eben auch Lembach einen kleinen, bescheidenen Platz in der Geschichte eingeräumt hat.

Vor 375 Jahren gab es zwar den Ort Lembach mit noch jungem Marktrecht, allerdings noch keine politischen Gemeinden, keinen Bezirk bzw. Gerichtsbezirk, wohl aber das Land ob der Enns.
Dass im Namen der Kirche und Religion Kriege geführt wurden und werden, und das nicht einmal so selten, ist geschichtliche wie aktuelle politische Tatsache. Von der Antike über Mittelalter und Neuzeit bis zum heutigen Tag – ob in Irland oder Palästina – das Fernsehen bringt es uns regelmäßig live ins Haus.

Der große OÖ. Bauernkrieg fußte damals ebenfalls auf einer unseligen Vermischung von politischem und kirchlichem Machtstreben.
Blättern wir kurz ein Stück zurück im Geschichtsbuch, zurück in die Zeit nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus und der Entstehung der Lehre Martin Luthers um das Jahr 1500. Die Lehre Martin Luthers – dem Begründer der evangelischen Kirche – fand im Lembacher Gebiet bereits um das Jahr 1530 – also noch zu Lebzeiten Luthers – Eingang. Gefördert haben dies auch die Grundherrschaften (bei uns z.B. Falkenstein, Marsbach oder Pürnstein,…), die statt katholischer Geistlicher lieber protestantische Prediger einsetzten und sich dann bei der Einziehung von Kirchengütern bereicherten. So wurde OÖ. zum Kernland des österreichischen Protestantismus.

Die Bauern waren damals die Masse des Volkes und den Grundherrschaften durch Verwaltung, Steuereinhebung und Rechtspflege total ausgeliefert. Sie waren am Beginn der Neuzeit trotz ihrer Armut Hauptobjekt eines Steuerwesens, welches mit großer Phantasie Belastung um Belastung brachte, nicht zuletzt aufgrund der langwierigen, teuren Kriege gegen die Türken, die nicht nur Wien, sondern ganz Europa bedrohten.
Der Röm.-Dt. Kaiser Karl V musste – außenpolitisch in großer Bedrängnis – 1555 im Augsburger Religionsfrieden den katholischen und protestantischen Landesfürsten zugestehen, dass jeder von ihnen die Religion seiner Untertanen bestimmen durfte. Wer diese nicht annehmen wollte, tat entweder so als ob, oder musste auswandern.
Der Aufstand von 1595 brachte den Bauern wenig Erleichterungen, vielmehr bot er Kaiser Rudolf II. die Gelegenheit, die Gegenreformation, also den Kampf gegen die evangelische Lehre Luthers, nun systematisch voranzutreiben, der berühmte Bruderzwist im Hause Habsburg verhinderte aber noch vorläufig einen Sieg über den Protestantismus.
Dieser Kaiser Rudolf II bestätigte im Jahr 1600 dem Aigen Lembach – einem Mittelding zwischen Dorf und Markt – verschiedene alte Gewerberechte. Und er empfahl 3 Jahre später seinem Bruder Erzherzog Matthias auch die Markterhebung Lembachs, dieser jedoch kam erst am Vorweihnachtstag des Jahres 1612 – inzwischen selbst Kaiser geworden – dem Gesuch der Lembacher nach.
Kaiser Matthias erhob Lembach „zu einem vollkommenen Markte … mit Erteilung des Bürgerrechtes … einem Jahr- oder Wochenmarkt und Viehmarkt … und dem Recht einen Pranger aufzurichten.“
Dieser Pranger hier am Marktplatz ist für uns auch ein geschichtliches Mahnmal aus einer nicht besonders humanen Vergangenheit.

Die Verleihung unseres Marktwappens dürfte auch auf dieses Jahr 1612 zurückgehen.
So erfreulich und wichtig diese Markterhebung für Lembach inmitten der Bauernunruhen war, zum Feiern hatte die Bevölkerung damals wohl wenig Zeit.
Wenn zwar Lembach von den Wirren des 1618 in Europa einsetzenden 30jährigen Krieges mehr oder weniger verschont blieb, so kann der OÖ. Bauernkrieg von 1626 nicht vom großen europäischen Kriegsgeschehen isoliert betrachtet werden.

Die Gründe dieser Bauernerhebung waren politischer, wirtschaftlicher und religiöser Natur.
Unter Mithilfe des bayerischen Kurfürsten konnte Kaiser Ferdinand 1620 einen böhmischen Aufstand niederschlagen. Als Ersatz für die übliche Kriegsentschädigung verpfändete der Kaiser Oberösterreich für 8 Jahre an Bayern: Zur kurfürstlichen Steuerschraube der Bayern gesellten sich kaiserliche Gewaltmaßnahmen gegen die protestantische Bevölkerung. Wir wissen heute noch, was gemeint war mit den drohenden Worten: „Dich werd‘ ich schon noch katholisch machen!“

Der bayerische Statthalter Graf Herberstorff hatte sich die ersten Jahre noch um das Vertrauen des o.ö. Volkes bemüht. Sein Handeln im Jahr 1625 auf dem Haushamer Feld beim Frankenburger Würfelspiel scheint aber „von einer neurotischen Verwirrung bestimmt … womit er mit einem Schlag alles vernichtete, was er in 5 Jahren aufgebaut hatte“ (Zitat).

Im kaiserlichen Reformationspatent von 1625 hieß es dann:
“Jedermann hat dem katholischen Gottesdienst an Sonn- und Feiertagen beizuwohnen … Ratsbürger haben … den Besuch zu überwachen.
Gegen die Fehlenden muss strafmäßig vorgegangen werden.
Bis Ostern 1626 müssen alle Bewohner des Landes ob der Enns sich zur katholischen Kirche bekennen. Als Ausweis gilt der Beichtzettel.
Die Dechanten haben ein Verzeichnis der Beichtkinder einzusenden, damit gegen diejenigen, welche die Beichte unterlassen haben, mit der Strafe vorgegangen werden kann.“
Wer diesem nicht nachkommen wollte, dem stand das Recht zu, seine Heimat zu verlassen.
Doch die Bauern wollten sich damals eher in Stücke zerhauen lassen, ehe sie katholisch werden oder aus dem Land ziehen wollten. Eine Bauernerhebung wurde vorbereitet, das Zeichen zum Losschlagen abgewartet.

Am 17. Mai 1626 war in Lembach Bittprozession. An diesem Tag kam es zwischen Bauern und bayerischen Soldaten drüben im abgelegenen Habach, wo damals wahrscheinlich eine Büchsenschmiede war und die hiesigen Bauern den Aufstand vorbereiteten, zum Streit wegen eines Pferdehandels. Dabei wurden 1 bayerischer Soldat und anschließend im Lembacher Pfarrhof 3 Geistliche getötet.
Daraufhin wurde drüben in Obernort mit einem Feuersignal das vereinbarte Alarmzeichen für die große Bauernerhebung im Lande ob der Enns unter Führung von Stefan Fadinger und Christoph Zeller gegeben.
Wer sich weigerte, am Aufstand teilzunehmen, wurde erschlagen, wer sich im Keller verbarg, dem wurde das Haus über dem Kopf angezündet. Unbändiger Kampfesmut auf Seiten der Bauern konnte aber eine laienhafte Kriegsführung nicht wettmachen, kaiserliche Truppen schlugen auch diesen Aufstand nieder.
Erhöhte Abgaben und Leistungen waren die Folge, sowie vermehrte Einquartierungen von Soldaten, welche noch dazu die gefürchtete Pest auch nach Lembach einschleppten.
Und ein halbes Jahrhundert später war die Bevölkerung vom Kaiser und Landesherren mit Zwangsmaßnahmen tatsächlich wieder katholisch gemacht worden.
Diesen geschichtlichen Ereignissen wurde 1987 – anlässlich des Jubiläums „375 Jahre Markterhebung“ mit dem neuen Lembacher Marktbrunnen ein wohl würdiges Andenken gesetzt.
Als damaliger Obmann des Kulturausschusses erinnere ich mich noch gut an die heftigen Diskussionen bei der Auswahl der Künstlervorschläge für den Brunnen. Und ich habe damals nicht verstanden, dass es so schwierig war, sich für jenen Brunnen vom mittlerweile verstorbenen Prof. Max Stockenhuber zu entscheiden, welcher sehr modern ist und als einziger einen so wesentlichen Teil der Geschichte unseres Ortes dokumentierte. Die Angst so mancher Gemeinderäte, die Bevölkerung könnte mit so einem modernen und noch dazu kriegerisch wirkenden Brunnen nichts anfangen, hat sich nicht bewahrheitet.
Wir können stolz sein auf diesen Brunnen, welcher durch seine geschichtsträchtige Gestaltung nur in Lembach seine Berechtigung hat.
Dieser Brunnen ist unverwechselbar mit unserer Ortsgeschichte verbunden.

Ich sehe ihn als Gedenkbrunnen dafür, dass die Bauern vor rund 4 Jahrhunderten zur unheilvollen wie erfolglosen Notwehr gegen ein staatliches und kirchliches Machtsystem greifen mussten, für welches sie kein Verständnis haben konnten, weil es sie jeglicher Freiheit beraubt und in ihrer Existenz bedroht hat. Ich sehe den Brunnen aber auch als Mahnmal dafür, dass Demokratie und Toleranz Grundwerte darstellen, welche im Laufe der Geschichte der staatlichen und kirchlichen Obrigkeit nur sehr mühsam abgerungen werden konnten und können.

Profilbild von Marktgemeinde Lembach
Marktgemeinde Lembach Herbert KUMPFMÜLLER Öffentliche Einrichtung
Verfasst am: 06.07.2001
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