Sonntag, 4. August 2024 – Altar oder Kühlschrank

DAS WORT ZUM SONNTAG - Predigt von Pfarrer Maximilian PÜHRINGER


Liebe Brüder und Schwestern im gemeinsamen Glauben!

Ein wichtiger Ort in unseren Kirchen ist der Tabernakel, in dem das Allerheiligste aufbewahrt wird. Hans Magnus Enzensberger, ein zeitgenössischer und zeitkritischer Schriftsteller, hat ein Gedicht geschrieben, bei dem man aufs Erste meinen würde, es handle sich um den Tabernakel.

Predigt 18. Sonntag im Jahreskreis, 4.8.2024 – Perikopen: Eph 4,17.20-24​Joh 6,24-35
für die Pfarren in Oberkappel, Altenhof, Lembach

Altar oder Kühlschrank

Aber schon die Überschrift „Profane Offenbarung“ sagt uns, dass es sich um etwas ganz anderes, etwas Weltliches handelt. Aber zuerst einmal das Gedicht und dann wollen wir es in Verbindung mit dem heutigen Evangelium bringen.

Profane Offenbarung

Schneeweißes Tabernakel
selbst der ewige Säufer findet Gnade vor dir
im Handumdrehen spendest du der Sünderin die Absolution
und erleuchtest die Schlaflosen,
die in deinem hellen Widerschein vor dir knien nächtlicher Trost der Dürstenden,
süßer Nothelfer aller Hungerleider!
Verheißungsvoll offenbarst du dich den Bedürftigen,
winziger eisiger Garten Eden!
Mit Manna segnest den Pilger du,
mit frischen Pfirsichen, Trauben, schimmernden Kirschen und Wein.
Altar oder Kühlschrank:
vor die Wahl gestellt, so mancher fromme Glaube, glaubt mir, geriete ins Wanken.

(Hans Magnus Enzensberger)

Sonntag, 4. August 2024

Evangelium: Johannes 6,24–35
Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

In jener Zeit, als die Leute sahen, dass weder Jesus noch seine Jünger am Ufer des Sees von Galiläa waren, stiegen sie in die Boote, fuhren nach Kafárnaum und suchten Jesus. Als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hierhergekommen?

Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid. Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird! Denn ihn hat Gott, der Vater, mit seinem Siegel beglaubigt.

Da fragten sie ihn: Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen? Jesus antwortete ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat. Sie sagten zu ihm: Welches Zeichen tust du denn, damit wir es sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.

Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben. Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot! Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

Was ist mein Heiligstes im Leben?

Erstens: Was ist das Allerheiligste in meinem Leben? Wovon gehe ich in die Knie. ,,Schneeweißes Tabernakel,“ beginnt das Gedicht. Der Tabernakel enthält für uns Christus, das Allerheiligste. Davor gehen wir in die Knie beim Betreten und Verlassen der Kirche. Aber schnell lässt das Gedicht erkennen, dass es doch nicht um den Tabernakel in der Kirche geht. An seine Stelle ist ein anderes Heiligtum getreten, vor dem Menschen in die Knie gehen. Das Gedicht spricht vom „eisigen Garten Eden“, vom Kühlschrank. Der Kühlschrank, heute in allen Größen zu haben, ist Kultsymbol der Konsumgesellschaft geworden. Die Situation im Gedicht ist ein Mensch, der nachts schlaflos durch die Wohnung irrt und beim Kühlschrank landet. Steht er am Boden, muss man in die Knie gehen, wie bei der Anbetung. Die Tür wird geöffnet, ein Licht geht an, auch ein ewiges Licht. Dieses Licht erleuchtet den Schlaflosen. Hier findet der Säufer Gnade, das was er braucht, und die Sünderin im Handumdrehen Absolution, Lossprechung, wenn sie gegen die Diätvorschriften verstoßen hat. Was ist das Allerheiligste in meinem Leben? Wovon gehe ich in die Knie? Wer kann den wirklichen Hunger der Menschen stillen? Fragen über Fragen, die uns nicht kalt lassen sollen.

Religiöse Begriffe verlieren ihre Bedeutung in unserer Welt

Zweitens: Umdeutung und Verkehrung des Religiösen ins Weltliche. Verweltlichung bzw. Säkularisierung. Das Gedicht ist eine Offenbarung, aber keine Offenbarung Gottes, sondern eine weltliche, eine profane Offenbarung, wie es schon die Überschrift sagt. Es wird uns rein Weltliches, rein Irdisches gezeigt. Die religiösen Begriffe, die uns vielfach fremd geworden sind, sind alle noch da im Gedicht: Gnade, Sünde, Absolution, Nothelfer, Manna. Aber sie haben nichts mehr mit Gott zu tun. Ihr ursprünglicher Inhalt ist weg. Sie sind verweltlicht worden. Der Tabernakel, in dem sich das Paradiesische befindet, ist zum Kühlschrank geworden, zu einem eisigen Garten Eden. Der Inhalt ist ausgewechselt, so wie wenn man einen Beichtstuhl oder eine Kniebank in einen Partykeller stellt. Mancher wird sich denken, dass Altar oder Kühlschrank nicht unbedingt eine Alternative sein muss. Man kann ja beides verbinden, tagsüber Kühlschrank und für die religiöse Feierstunde, die gar nicht so oft sein muss, dann ein bisschen Tabernakel. Doch letztlich geht es um eine Entscheidung: Vor wem oder was gehe ich in die Knie? Sogar mach frommer Glaube kommt da ins Strudeln, wie es das Gedicht am Ende aussagt. Wo der Glaube schwindet, tritt anderes an seine Stelle, für nicht wenige der Konsum.

Jesus will unseren innersten Hunger und Durst nicht mit einem vollen Kühlschrank stillen

Drittens: Da braucht es dringend ein Wort Jesu aus dem heutigen Evangelium: „Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die bleibt für das ewige Leben.“ Was ist das für eine Speise? Keine Götterspeise. Man muss sich um diese Speise bemühen, wie Jesus sagt, sie ist nicht im Handumdrehen zu haben. Ich kann mich da auch nicht einfach selber bedienen, wie beim Kühlschrank. Es geht um Jesus. Er will unseren Hunger und Durst stillen. Dafür müssen wir uns sein Denken und Handeln zu eigen machen, das sich in einer Haltung bündelt, und diese heißt Hingabe. „Das Brot das ich geben werde ist mein Fleisch für das Leben der Welt.“ Im Abendmahl vollzieht Jesus Hingabe bis zum Äußersten, bis zum Tod am Kreuz. Das ist sein Leben für uns, Hingabe. Diese Haltung soll zu unserer Haltung werden, dann bleibt der Tabernakel auch Tabernakel, und wird nicht zu einer weltlichen Offenbarung.

Liebe Brüder und Schwestern!

Altar oder Kühlschrank? Was ist das Allerheiligste in meinem Leben? Wovor beuge ich die Knie. Wie kann ich Hingabe verwirklichen, dass Religiöses auch Religiöses bleibt oder wieder wird. Wir dürfen nicht nur säkularisieren, verweltlichen, sondern brauchen jene Entweltlichung, von der der verstorbene Papst Benedikt oft gesprochen hat. „Er ist da,“ so hat der heilige Pfarrer von Ars, dessen Gedenktag heute ist, öfters zu seinen Pfarrangehörigen gesagt. „Er ist da!“ Das ist eine göttliche Offenbarung und die braucht es, sonst nichts. Amen.

Ich sage Dir herzlichen Dank für das Lesen meiner Sonntagspredigt. Ich wünsche Dir und Deiner Familie noch einen schönen Sonntag und Gottes Segen für die kommende Woche. Ich segne Dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN.

HERZLICHE EINLADUNG – Die Kirche steht Dir immer offen in Lembach. Wenn Messe ist. Wenn Anbetung ist. Aber genau so auch wenn die Kirche gerade leer ist und du einfach Ruhe finden willst. Ich freue mich immer über Deinen Besuch ..
.. und Jesus ganz sicher auch :)))


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Wort zum Sonntag (G) Pfarre Lembach Religion
Verfasst am: 04.08.2024
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