Informationsveranstaltung über ‚Biogasanlage‘

Geplante Flächenwidmungsplan-Änderung in Johanniterstraße / Ing. Wolfgang HOFER

LEMBACH (29.10.2004) – Für Donnerstag, den 28. Oktober hat das Gemeindeamt in der Alfons-Dorfner-Halle zu einer Informationsveranstaltung betreffend der Flachenwidmungsplanänderung „Biogasanlage Hofer Johanniterstraße“ eingeladen. Anwesend waren ca. 50 bis 70 Personen.

v.l.n.r.: Landwirt Ing. Wolfgang Hofer, Umweltanwalt DI Dr. Johann Wimmer, Bgm. Herbert Kumpfmüller, Gemeindesekretär Günter Peherstorfer

Da der Gemeinderat nächste Woche über das Ansuchen der Flächenwidmungsplanänderung von Grünland in die Sonderwidmung „Biogasanlage“ abstimmen wird, ist diese Veranstaltung quasi eine Art letzt Möglichkeit für alle Betroffenen, noch möglichst viele sachdienliche Hinweise und Argumente zu ergattern.

Nach einer kurzen Einführung zum Thema „Biogasanlage“ durch den Umweltanwalt Dipl. Ing. Dr. Johann Wimmer konnten die Zuhörer in den noch verbleibenden 1 1/2 Stunden ihre Ängste und Befürchtungen kundtun bzw. detaillierte Fragen stellen. An den mehr als 20 teils sehr emotional geführten Wortmeldungen konnte man sowohl starkes Interesse an den technischen Details als auch viel unterschwellige Skepsis gegenüber dem Projekt heraushören.

Die Fragen, welche fast ausschließlich an Umweltanwalt DI Dr. Wimmer gerichtet waren, wurden von diesem auf fachlich kompetente Art und Weise beantwortet. Manchmal kam bei der Antwortung der Fragen jedoch das Wort „höchstwahrscheinlich“ wahrscheinlich etwas zu oft vor, sodass ein Zuhörer die sicherlich nicht ganz unberechtigte Forderung nach mehr Klarheit besonders bei technischen eindeutig erfassbaren Werten eingefordert hat.

Was die Diskussion alles zutage gebracht hat

In der Diskussion ging man sehr detailliert auf die technischen Details der Anlage sowie auf die zu beachtenden Vorgaben und Vorschriften ein. Dieser Abschnitt des Berichtes ist lediglich für die Anrainer interessant.

Wer also nicht direkt betroffen ist kann den nachfolgenden Teil dieses Berichtes ohne weiteres überspringen und am besten gleich zur „Zusammenfassung“ übergehen.

In der Diskussion erfuhr man u.a., dass …

  • … nur eine 100-kW-Anlage genehmigt werden wird.
  • … Hühnermist nur 10 – 15 % Anteil am gesamten Biogasgut haben wird
  • … in Oberösterreich derzeit 35 bis 45 Biogasanlage geplant sind
  • … die Güllegrube eine Lagerkapazität von mindestens 6 Monaten haben muss. Die projektierte Güllegrube wird eine Kapazität von ca. 600 bis 1000 m³ haben.
  • … Biogasgülle weniger oder gleich geruchsintensiv ist wie Rindergülle, aber deutlich weniger geruchsintensiv ist wie die bisher angewandte Hühnermistdüngung der Felder in flüssiger Form. Grund für diese positive Geruchsveränderung ist die viel bessere Zersetzung von Hühnermist in der Biogasanlage als auf freiem Feld
  • … die Biogasgülle zu 3 verschiedenen Ausbringszeiten pro Jahr auf die Felder kommt
  • … Ing. Wolfgang Hofer ca. 6 ha eigenen und 34 ha fremden (Pacht-)Grund besitzt
  • … die Knechtswieser am meisten betroffen wären von einer Geruchsbelästigung, da in dieser Gegend zu 80 % mit Westwindwetter zu rechnen ist
  • … durch Biogasgüllen-Düngung es zu einer etwas höheren Stickstoffkonzentration im Boden kommt, was aber im Vergleich zur ansonsten üblichen Bodendüngung keine besonderen Auswirkungen hat.
  • … die Problembereiche bei Biogasanlagen von Faktor 1 bis 100 reichen (lt. Umweltanwalt DI Dr. Wimmer)
  • … zu 98 % nur die unsachgemäße Behandlung und Lagerung von Abfällen zu einer Außer-Norm-Geruchsbelästigung führt. Abfälle dürfen jedoch in der projektierten Anlage nicht verwendet werden. Nur landwirtschaftliche ‚Produkte‘, wie Mais, Gras und bis 15 % Anteil auch Hühnermist
  • … die Biogasfahrsilos gegenüber anderen Fahrsilos keine besondere Geruchsbelästigung darstellen, außer 20 Meter in ihrem Umkreis.
  • … die am vorigen Samstag von vielen besichtigte Biogasanlage in Nürnberg (Vorschlag Ing. Wolfgang Hofer und Gemeinderat) deutliche Geruchsbelästigung erkennen ließ. Angeblich sei dies auf schlampige Betriebsführung zuruckzuführen bzw. auf im Gegensatz zu Österreich viel laxeren bautechnischen Vorschriften in Bayern, so der Umweltanwalt
  • … dass der eigentliche Grund für den Bau dieser Biogasanlage natürlich ein finanzieller ist. Ing. Wolfgang Hofer kann 13 Jahre lang den Biogas-Strom zu den deutlich höheren Biogas-Stromtarifen ins öffentliche Netz einspeisen. Nach 13 Jahren wird dieser Tarif dann neu ausverhandelt. Bis dorthin muss sich somit eine derartige Anlage ‚gerechnet‘ haben.
  • … eine typische Biogasanlage zu 30 bis 35 % Energie in Form von Strom und zu 40 – 42 % Energie in Form von Abwärme erzeugt. Seitens des Umweltamtes O.Ö. muss für die Abwärme unbedingt eine sinnvolle Nutzung dargestellt werden können. Ansonsten würde das Projekt abgelehnt, wie das ja vor kurzem auch in Witzersdorf/Niederkappel bereits geschehen ist.
  • … Ing. Hofer lt. eigenen Angaben derzeit keine Biogasmaterialien zukaufen müsste, sondern dass er mit den aktuell verfügbaren 40 ha Grund die Anlage durchaus betreiben kann.
  • … das Verkehrsaufkommen zwar etwas stärker werden wird, jedoch sicherlich nicht zu einer Belästigung der Anrainer führen wird.
  • … eine Anlage auf dem neuesten technischen Stand sehr wichtig ist für Geruchsarmut (soll lt. Umweltanwalt bei Ing. Hofer der Fall sein). Von ebenso großer Wichtigkeit ist auch ein ordentlicher und sachgerechter Betrieb der Biogasanlage, damit es zu keiner Geruchs- oder Lärmbelästigung kommen kann. Wenn schlampig gearbeitet würde, würde sich jedoch der Betreiber selber am meisten schaden, da dann die Energieausbeute eine geringere wäre. Somit hat nach Angaben des Umweltanwaltes auch der Betreiber ’normalerweise‘ ein hohes Interesse, dass alles optimal läuft.
  • … der Umweltanwalt in erster Linie die Interessen der Anrainer berücksichtigt und dass die Betreiber eher die ’natürlichen Feinde‘ seien. Somit könne ihm niemand Parteistellung für einen Betreiber einer Biogasanlage vorwerfen.
  • … in unserem Bundesland österreichweit die höchsten Standards in punkto minimaler Geruchs- und Lärmbelästigung gültig sind.
  • … dass man in 13 Jahren befürchtet, dass die Anlage größer gebaut wird, wenn die Tarife neu verhandelt werden. Lt. Umweltanwalt ist eher mit dem Gegenteil, nämlich einer Schließung bei manchen Projekten zu rechnen, falls die Tarife nicht mehr lukrativ sind.
  • … die Lärmbelästigung (Gasmotor, Seperator …) gering gehalten werden muss, indem man auf optimale Schalldämmung sowie auf eine optimale Dachkonstruktion achtet. Dies ist besonders wichtig für die unmittelbaren Nachbarn.
  • … der optimale Standort in Lembach eigentlich lt. Umweltanwalt oberhalb des Heizwerkes liegen würde (wegen der optimalen Abwärmenutzung). Dagegen spricht aber das nochmals erhöhte Verkehrsaufkommen in diesem Bereich.
  • … der vorgeschriebene und sinnvolle Abstand je nach Größe der Anlage, nach verwendeten Materialien und nach Bauart verschieden ist. In Lembach sind die Abstände jedoch eher knapp. Üblich und angemessen seien 70 bis 200 Meter Abstand zu verbautem Gebiet, so DI Dr. Wimmer. Gegenüber der Ökosiedlung beträgt der Abstand ca. 150 Meter. Gegenüber der Fam. Reinthaler ca. 40 bis 50 Meter.
  • … ein Vorschlag vom Umweltanwalt wäre, die Biogasanlage aus optischen Gründen tiefer einzugraben sowie auch gegenüber den Nachbarn optisch zu verdecken (Grünanlage ?)
  • … ein Hauptgrund für die tiefsitzenden Ängste die bisherigen Erfahrungen der Anrainer mit der Geruchsbelästigung seitens des landwirtschaftlichen Betriebes der Fam. Hofer sind. Es handelt sich um teils unvermeidliche, teils vermeidliche Geruchsbelästigungen nach Ansicht der Anrainer.
  • … es in O.Ö. seit neuestem objektive Messungen zur Geruchsbelästigung und Lärmbelästigung gibt. Das subjektive Empfinden eines Sachverständigen ist ja oftmals sehr subjektiv.
  • … der Umweltanwalt DI Dr. Wimmer viele Dinge behandeln muss. Da gehts um Umweltbelastungen von Industriegiganten wie der Voest aber auch um schreiende Esel.
  • … die Umweltbehörde in O.Ö. sehr streng mit Lärm- und Geruchssündern umgeht. In O.Ö. wurden bereits zwei Anlagen geschlossen und zwei Anlagen wg. unsachgemäßen Betriebes stark eingeschränkt. Bei diesen Umweltsündern hat das Umweltamt somit sofort und einschneidend reagiert.
  • … besonderes Augenmerk seitens der Behörden auf jene Anlagen gelegt wird, wo es zu Beginn massiven Widerstand seitens der Bevölkerung gegeben hat.
  • die verwendeten und zulässigen Biogasgüter von der zuständigen Behörde des Landes O.Ö. in periodischen Abständen geprüft werden. Zuständig ist immer die Behörde, welche die Genehmigung ausstellt hat.

Insgesamt hat sowohl diese Veranstaltung als auch die gesamte vorangegangene Diskussion zum Lembacher „Biogasprojekt“ deutlich aufgezeigt, dass es gut war, die Thematik möglichst in aller Öffentlichkeit abzuhandeln. Dadurch ist der Wissensstand aller Betroffenen mit Sicherheit erheblich gestiegen, sodass diese sich jetzt ein viel besseres und objektiveres Bild machen können.

Und durch das Miteinbeziehen der teils durchaus begründeten und berechtigten Ängste und Befürchtungen der Anrainer konnte zumindest eine deutliche Besserstellung durch erhöhte und exaktere Auflagen erreicht werden.

Wünschenswert und von der Gemeinde noch einzufordern wäre außerdem die von Umweltanwalt DI Dr. Johann Wimmer an diesem Abend angeregte freiwillige Verpflichtung zu einer besonders wirkungsvollen Geräuschdämpfung sowie zu einer auch optisch nicht allzu dominierenden Anlage.

Zusammenfassung der wesentlichsten PRO & CONTRA Argumente

Gegen die Anlage sprechen …

  • … die negativen Erfahrungen beim Besuch des deutschen Biogasanlagenbetriebes am vergangenen Samstag. Normalerweise sucht man sich ja bei derartigen Betrieben immer einen solchen aus, bei dem es bestimmt keine gröberen Beanstandungen gibt und die Besucher vom Projekt überzeugt werden. Aber in der Nürnberger Biogasanlage war eine eindeutige Geruchsbelästigung erkennbar und außerdem war die Energieausbeute dieser Anlage anscheinend suboptimal.
  • … die negativen Erfahrungen der Anrainer mit dem oft mehrtägigen Gestank bei der Ausbringung von flüssigem Hühnermist. Wobei der Gestank oftmals vermeidbar oder zumindest verringerbar gewesen wäre. Hier geht es also auch um eine Art Vertrauensfrage, wie ein Diskussionsteilnehmer richtig angemerkt hat.
  • … die relative Nähe zu verbautem Gebiet. Denn man kann letztlich ja nie wissen, ob eine Anlage ohne die geringsten Probleme läuft oder ob man jahrelang mit Problemen unterschiedlichster Art konfrontiert wird.

Für die Anlage sprechen …

  • … der technisch auf dem neuesten Stand befindliche Anlagentyp, wo es Probleme wie im besuchten Betrieb in Nürnberg nicht mehr geben kann (Aussage des Umweltanwaltes).
  • … die äußerst scharfen Bestimmungen des o.ö. Umweltamtes. Die Auflagen für die Betreiber sind z.B. auch im Vergleich zu N.Ö. und anderen Bundesländern viel strenger.
  • … die derzeitig äußerst hitzige Diskussion um das Thema. Dadurch wird der Gemeinderat bzw. die vorherrschende Fraktion alles daran setzen, damit das Projekt auch nach einem Bewilligung so einwandfrei und rund läuft, wie es laufen soll.
  • … die Nicht-Verwendung von Abfällen. Diese dürfen lt. Angaben des Umweltanwaltes bei dieser Anlage NICHT verwendet werden. Somit ist die weitaus größte Gefahrenquelle für Gestank ausgeschieden.
  • … dass durch den Bau der Biogasanlage (bei ordnungsgemäßem Betrieb) die Geruchsbelästigung gegenüber dem Status Quo (Hühnermistausbringung auf die Felder) deutlich verringert wird.

Die Abstimmung des Gemeinderates in der kommenden Woche wird sicherlich keine leichte Angelegenheit. Man darf aber davon ausgehen, dass es sich niemand leicht machen wird, sondern dass alle Argumente sorgfältig abgewogen werden.

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Lembach Online Josef REINTHALER Medien
Verfasst am: 30.10.2004
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